Agility hat sich verändert. Als ich 1991 mit dem Agility begann, hat wohl noch niemand ahnen können, wohin sich unser Sport verändert. Videos der Spitzenevents rauben einem den Atem. Doch Leistungssport hat auch Schattenseiten.

Agility ist ein Sport mit Tieren. Das macht ihn besonders, denn alle Entscheidungen, wie man den Sport ausübt, trifft man für seinen vierbeinigen Teampartner gleich mit. So lange Hund und Mensch Freude an den Turnieren und dem Training haben, ist das prima. Doch was, wenn der Hund eigentlich gern mal Pause hätte? Es ist wichtig, dass das vom Mensch erkannt und respektiert wird. Übrigens sowohl aus ethischer, wie auch erfolgsorientierter Sicht. Denn wenn der Hund erstmal "sauer" ist, will sagen: wenn er keinen Bock mehr hat, dann war das nicht nur unfair, sondern wird auch mit Mißerfolg fürs Team bestraft. Das reguliert sich also gern selbst.

Leistungssport geht gelegentlich Hand in Hand mit Doping. Obwohl der Verband in Deutschland vorausschauend Gegenmaßnahmen eingeführt hat, glaube ich, dass Doping noch kein großes Thema ist. Nehmen wir leistungssteigernde Mittel. Was wäre, wenn es eine Tablette gäbe, die den Hund doppelt so schnell werden ließe? Richtig: er bräuchte einen Hundeführer, der doppelt so schnell denken und führen kann. Die Leistung ist beim Agility nicht nur körperlich und schon gar nicht nur beim Hund. Das Team muss zusammen gut funktionieren, dafür gibt es keine Tablette. Das Hauptargument zur Einführung ist eher die Eindämmung schmerzlindernder Mittel. Mittel, die Hunden einen Start ermöglichen, die sonst nicht fit (genug) wären. Das kommt durchaus vor, aber viel weniger als geunkt wird. Der Grund liegt im folgenden Punkt.

Was Agility von beispielsweise Sportpferden maßgeblich unterscheidet, ist der Faktor Rentabilität. Beim Pferderennen geht es um viel Geld. Einerseits hohe Gewinnsummen, andererseits der Wert des Tieres an sich. Ein Rennpferd hält man weniger als Hausgenossen und weil man es so symphatisch findet, sondern vielmehr, weil man damit Geld verdienen möchte. Das führt dazu, dass auch unschöne Trainingsmethoden Einzug finden. Der Sieg "um jeden Preis" ist bei Sportarten mit Geldgewinnen ungleich verbreiteter. Beim Agility geht es um den Ruhm. Sind wir ehrlich, wer zum Turnier fährt, hat ein Ziel. Er will gewinnen, er will unter den besten dreien sein oder eine Qualifikation für irgendetwas sammeln - und wird auch engagiert darum kämpfen. Aber eben nicht um jeden Preis, denn sein Hund ist nicht wertvoller als A3 Hund oder Weltmeister. Nur wenige betreiben in Deutschland professionell Agility, leben also davon, andere zu unterrichten. Die Welpen erfolgreicher Sporthunde sind nicht teurer, jedenfalls nicht in dem Maß in dem der Weg dahin kostet, und es gibt vor allem auch kein direktes Preisgeld. Nicht mal bei unserer Weltmeisterschaft. Das ist gut so.

Letzter Punkt ist also die Gefährdung durch das hohe Tempo im Vergleich zu damals. Daran kann man nicht rütteln. Vielleicht lade ich mal ein Video hoch, wie es aussah, wenn jemand 1991 beim Agilityturnier gewann. Das ist einfach anders. Die Hunde sind in deutlich niedrigerem Tempo gelaufen und das Risiko einer Verletzung war minimal. Heute bewegen sich die Hunde im Grenzbereich ihrer physikalischen Möglichkeiten. Daran ändern sichere Geräte nichts, gute Parcours und auch perfekter Boden bieten allein nicht genug Schutz für diese Teams. Zu meinem großen Bedauern sind dieser Erkenntnis schon fast Geräte, wie beispielsweise der Reifen, der Stofftunnel oder auch der Tisch zum Opfer gefallen. Die Hunde sind affenschnell und das ist saugefährlich. Wenn wir alle Geräte ausdünnen und nur noch Sprünge und Zonen nehmen (nach der JEO wissen wir, das auch der Tunnel nicht sicher ist), dann forcieren wir dieses unsägliche Hunderennen. Das Training richtet sich danach, was beim Turnier verlangt wird. Ein Reifen und ein Stofftunnel werden sicher, wenn der Hund sie gut gelernt hat und nicht alles in Endgeschwindigkeit schlampig abrennt. Hier sind die Trainer gefragt. Ein Reifen ist schwierig und es dauert, ihn gut aufzubauen. Verhindert, dass sich Hunde verletzen, weil sie einfach nicht genug können! Stellt euch nicht hin und sagt: der Parcours war schlecht, der Aufgang schräg, da konnte man nichts machen. Das ist feige. Das ist natürlich kein Freibrief für unfaire Parcourssituationen. Aber man kann, auch wenn es manche nicht mehr zu glauben scheinen, durchaus auch mal üben, dass der Hund bremst! Vielfach bringt das einen zeitlichen Vorteil, denn er kommt dann enger. In jedem Fall steigert es die Sicherheit. Ich beobachte mit Freude, dass gerade in der vielbeschimpften deutschen Spitze die Hunde nicht überall und nur mit Vollgas geführt werden. Wenn es eng werden soll, bleibt da auch mal einer ganz bewußt hinter dem Hund und nimmt Tempo raus. So gehts! Nämlich schnell, wo schnell geht und sicher, wo es knifflig wird.

Darum bleibt als Fazit meines Artikels: Bildet eure Hunde gut aus. Ein Hund muss nicht als erstes lernen, wie schnell man über einen Steg rennen kann. Als erstes muss er sicher die Geräte können. Wenn du selbst einen Hund in Endgeschwindigkeit nicht beherrscht: dann bilde auch nicht so aus. Stell dich nicht vor die Ergebnisliste und freu dich über einen Lauf mit 2 Zonen und 4 Stangen in 5,85 m/s. Das ist nämlich kein Agility, sondern unfair und riskant!