Inspiriert durch eine Adaption von Schillers Glocke, die mir auf Facebook über den Weg lief, habe ich mich hier mal mit Goethe verlustiert:

Tunnelteufel

Wer rennt so schnell auf Gras und Grund?
Es ist der Führer mit seinem Hund;
Er führt den Hund wohl mit dem Arm,
Er führt ihn sicher, er führt mit Charme.

Mein Hund, was birgst du so bang dein Gesicht?
Siehst, mein Mensch, du die Falle nicht?
Den Tunnel unter dem Steg gerollt?
Mein Hund, der Trick uns doch nicht trollt!

Du lieber Hund, komm, geh mit mir!
Gar schöne Spiele spiel ich mit dir;
Manch bunte Ringe sind hier am Rand,
Mein Ahn hatte ein klares Gewand.

Mein Mensch, mein Mensch, und hörest du nicht,
Was Tunnelteufel mir leise verspricht?
Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Hund;
Ich bring uns nach Hause, gesund.

Willst, feines Hündchen, du mit mir gehn?
Meine Bögen sollen dich warten schön;
Meine Bögen führen den nächtlichen Reign
Und wiegen und tanzen und schwingen dich ein

Mein Mensch, mein Mensch, und siehst du nicht dort
Tunnels Bögen am düstern Ort?
Mein Hund, mein Hund, ich seh es genau:
Die Stegleisten scheinen ganz rau.

Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt;
Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt.
Mein Mensch, mein Mensch, jetzt fasst er mich an!
Tunnelteufel hat mir ein Leids getan!

Dem Mensch graust's er rennt wie der Wind,
Er schreit von hinten: "Mach Steg, geschwind!",
Erreicht den Punkt mit Mühe und Not;
Sieht seinen Hund verschwinden: Tunnelteufel ist rot.

©2014, Kirsten Brox